1Wenige Tage später kam dann der Hohepriester Ananias mit einigen Ältesten und einem Rechtsanwalt, einem gewissen Tertullus, nach Cäsarea. Sie setzten dem Statthalter die Anklagepunkte gegen Paulus auseinander. 2Dieser wurde vorgerufen, und Tertullus begann seine Anklagerede. "Hochedler Felix!" - sagte er - "Dein Verdienst ist es, dass wir in tiefem Frieden leben. Deiner weisen Fürsorge ist es zu verdanken, dass die Lage der Bevölkerung dieses Landes infolge durchgreifender Verbesserungen auf allen Gebieten sich allerorts gehoben hat. 3Das alles erkennen wir mit aufrichtiger Dankbarkeit an." 4"Um nun deine Zeit nicht mehr, als unbedingt nötig, in Anspruch zu nehmen, bitte ich dich, uns nach deiner gewohnten Güte ein ganz kurzes Gehör zu schenken. 5Wir haben festgestellt, dass dieser Mann hier ein ganz gemeingefährlicher Mensch ist. Er stiftet unter allen Juden der ganzen Welt Unruhen und ist der Hauptleiter der Sekte der Nazaräer. 6Er hat sogar den Versuch gemacht, den Tempel zu entweihen. Dabei haben wir ihn festgenommen und wollten ihn nach unserm Gesetz aburteilen. 7Doch der Oberst Lysias trat mit einem starken Aufgebot von Soldaten dazwischen und ließ ihn uns aus den Händen nehmen und wegführen. 8Seine Ankläger aber verwies er an dich. Verhöre ihn nun selbst, und du wirst dir über alle von uns vorgebrachten Anklagepunkte ein persönliches Urteil bilden können." 9Seinen Ausführungen schlossen sich die Juden an und bestätigten diesen Sachverhalt. 10Darauf gab der Statthalter dem Paulus einen Wink, er möge zu seiner Verteidigung das Wort ergreifen. Dieser hielt nun folgende Verteidigungsrede: "Schon seit vielen Jahren bist du für die Bevölkerung dieses Landes ein gerechter Richter. Das weiß ich, und darum gehe ich mit dem größten Vertrauen an meine Verteidigung. 11Wie du selbst feststellen kannst, sind seit meiner Ankunft in Jerusalem erst zwölf Tage verflossen. Ich kam nur dorthin, um meinen Gottesdienst im Tempel zu halten. 12Man hat mich dort weder im Gespräch mit irgend jemand angetroffen, noch viel weniger bei Anzettelung eines Volksaufruhrs, sei es im Tempel, sei es in den Synagogen oder sonst wo in der Stadt. 13Meine Gegner sind daher auch nicht imstande, für einen einzigen Punkt ihrer Anklage gegen mich dir den Beweis zu erbringen. 14Das allerdings bekenne ich offen vor dir, dass ich nach einer Glaubensüberzeugung den Gott meiner Väter verehre, die sie als Ketzerei bezeichnen. Diese Glaubensüberzeugung besteht darin, dass ich alles für wahr halte, was in dem Gesetze und den Propheten geschrieben steht. 15Daraus schöpfe ich dieselbe Hoffnung, die auch diese hier selbst auf Gott setzen, und die darin besteht, dass alle Gerechte und Ungerechte, einmal wieder zu Gott kommen. 16Deshalb bemühe ich mich auch, in keinem Falle etwas zu tun, was Gott oder den Menschen gegenüber mein Gewissen belasten könnte." 17"Nun bin ich nach einer Zwischenzeit von mehreren Jahren hergekommen, um meinen Volksgenossen Almosen zu überbringen und gleichzeitig im Tempel Opfer darzubringen. 18Dabei unterzog ich mich einer Weihe. Das sind die näheren Umstände, unter denen man mich antraf. Ich befand mich also nicht in Begleitung eines Volkshaufens und noch weniger bei einem Aufruhr. 19Vielmehr sind es einige Juden aus Kleinasien gewesen, die einen Volksaufruhr erregten, und zwar gegen mich. 20Diese hätten hier vor dir erscheinen und aussagen müssen, was sie gegen mich vorzubringen haben. Oder lass diese hier selbst angeben, welches Vergehen man vor dem Hohen Rat mir nachweisen konnte. 21Mein Verbrechen müsste denn in dem einen Satz bestanden haben, den ich in ihrer Mitte stehend laut ausgerufen hatte und welcher lautete: "Wegen meiner Behauptung, dass die Toten auferstehen, seht ihr mich heute als Angeklagten vor euch!'" 22Felix vertagte darauf die Entscheidung in ihrer Sache. Er kannte ja recht gut die Lehren des neuen Glaubens. Darum sagte er zu den Juden: "Wenn der Oberst Lysias herkommt, will ich in eurer Sache die Entscheidung fällen. 23Dann gab er dem zuständigen Hauptmann den Befehl, Paulus in Gewahrsam zu halten, jedoch in gelinder Haft, und keinen von seinen Freunden zu hindern, ihm Liebesdienste zu erweisen oder ihn zu besuchen. 24Einige Tage später kam Felix mit seiner Frau Drusilla, die eine Jüdin war. Sie hatte darum gebeten, Paulus sehen und ein Wort von ihm hören zu dürfen. Um ihr diesen Gefallen zu tun, ließ Felix den Paulus holen und ihn einen Vortrag über den Glauben an Christus zu halten. 25Als er dabei auf Rechttun, auf Selbstbeherrschung und das kommende Gericht Gottes zu sprechen kam, da fühlte sich Felix sehr bedrückt und entließ ihn mit den Worten: "Für heute ist's genug; du kannst gehen. Sollte ich mal wieder Zeit haben, so werde ich dich rufen lassen." 26Gleichzeitig hegte er die stille Hoffnung, von Paulus eine Geldsumme zu bekommen, damit er ihn auf freien Fuß setzte. Deshalb ließ er ihn auch öfters rufen und unterhielt sich mit ihm. 27Nach Verlauf von zwei Jahren erhielt Felix einen Nachfolger in Porcius Festus. Aber, um seiner Frau Drusilla einen Gefallen zu erweisen, ließ er den Paulus im Gefängnis zurück.