1Mordekaj befahl ihr, zum König zu gehen und für ihr Volk und Vaterland zu bitten. 2Er sprach: "Gedenke der Tage deiner Niedrigkeit, wie du durch mich ernährt worden bist! Denn Haman, der Zweite nach dem König, hat wider uns den Tod beschlossen. 3Du aber rufe den Herrn an! Dann sprich zum König für uns und rette uns vor dem Tode!" 4Als sie am dritten Tag ihr Gebet beendet hatte, zog sie die Bußkleider aus und hüllte sich in Prunkgewänder. 5In herrlichem Schmuck rief sie den Gott an, der alles sieht und Retter ist, und nahm die beiden Mägde mit sich. 6Auf die eine stützte sie sich wie eine verwöhnte Frau; 7die andere aber folgte ihr und trug ihr die Schleppe des Gewandes. 8Sie selbst erstrahlte in blühender Schönheit, ihr Antlitz war heiter, wie von Freundlichkeit überströmend; ihr Herz aber war beklommen von Furcht. 9Als sie durch die verschiedenen Türen gekommen war, trat sie vor den König hin. Er selbst saß auf seinem königlichen Thron und hatte all seine Prunkgewänder an, ganz gehüllt in Gold und Edelsteine. Er sah höchst furchterregend aus. 10Als er sein Antlitz erhob, das in Herrlichkeit strahlte, blickte er in grimmigem Zorn herab. Da fiel die Königin in Ohnmacht, wechselte entkräftet die Farbe und neigte sich nieder auf das Haupt der Dienerin, die voranschritt. 11Da wandte Gott den Sinn des Königs zur Milde. Besorgt sprang er von seinem Thron auf und schloß sie in seine Arme, bis sie wieder zu sich kam. Dann tröstete er sie mit freundlichen Reden und erkundigte sich bei ihr: 12"Was hast du, Ester? Ich bin doch dein Bruder. Fasse nur Mut! 13Du sollst nicht sterben; denn unser Befehl gilt nur der Allgemeinheit. 14Komm näher!" 15Dann erhob er das goldene Zepter und legte es auf ihren Hals, küßte sie und sprach: "Rede mit mir!" 16Sie sprach zu ihm: "Ich erschaute dich, Herr, wie einen Engel Gottes. Mein Herz ward aus Furcht vor deiner Majestät verwirrt. 17Denn du bist wunderbar, Herr, und dein Antlitz ist voll Huld!" 18Da sie redete, fiel sie abermals in Ohnmacht. 19Der König geriet in Bestürzung, und seine gesamte Dienerschaft sprach ihr Mut zu.